Von vielen Nicht-Ökonomen wird ein Umweltschutz der hauptsächlich auf Preissignalen, sprich Umweltsteuern, beruht, oft immer noch sehr skeptisch betrachtet. Dabei schützt eine Bepreisung der Verschmutzung die Umwelt wenigstens so gut wie pro-Kopf Grenzwerte und ist sowohl für die ärmeren als auch die reicheren Bevölkerungsschichten vorteilhaft. Damit ist die Bepreisung – sprich wenn die Umwelt käuflich ist (!) – für alle Beteiligten wünschenswerter als andere Mechanismen und ist deshalb in keinster Weise ungerecht oder unmoralisch. Im folgenden Text werden diese Vorteile von Umweltsteuern gegenüber fixen pro-Kopf Verschmutzungsbeschränkungen erläutert.
Es gibt kaum ein Resultat das unter Umweltökonomen so einhellige Zustimmung erhält, wie dass die Umweltverschmutzung generell am besten über einen Preismechanismus (typischerweise Verschmutzungssteuern) kontrolliert wird. Die breite Bevölkerung steht preislichen Umweltschutzmassnahmen allerdings weiterhin sehr skeptisch gegenüber. Dies insbesondere aufgrund Bedenken folgender Art: Sind preisliche Massnahmen nicht ungerecht, da die Armen unter einer Verteuerung z.B. der Energie viel mehr leiden als reiche? Darf es sein, dass reiche es sich trotz Umweltsteuern ohne Weiteres leisten können weiterhin mit ihren protzigen SUVs die Luft zu verschmutzen, wenn wir doch wissen, dass die Luftverschmutzung jährlich viele Menschenleben kostet? Sollten die Menschen nicht überhaupt eher generell selbst zur Einsicht gelangen, dass Verschmutzen nicht gut ist, und ihre Verhaltensweisen aus einem moralischen Empfinden ändern, anstatt rein aufgrund monetärer Anreize? Kurz, ist es nicht pervers, die Rechte, die Umwelt – die doch eigentlich allen gehört – zu verschmutzen, denjenigen zu verkaufen, die aufgrund ihres Reichtums am meisten dafür bezahlen können?
Angesichts dieser und ähnlicher Fragen wird oft vorgeschlagen, anstatt die Umwelt über Steuern käuflich zu machen, jeder Person das Recht auf eine fixe Menge an Umweltverschmutzung (oder Ressourcenverbrauch) zuzusprechen. Es ist allerdings relativ eindeutig und leicht einzusehen, dass die Umweltsteuer einerseits die Umwelt wenigstens so gut schützen kann, und dass sie andererseits nicht nur für die Reichen sondern auch für die Armen (!) generell besser ist, als der Gegenvorschlag des fixen pro-Kopf Verschmutzungsrechts. Dies bedeutet, dass die Steuer für alle Beteiligten, inklusive der Umwelt, das zu bevorzugende Instrument für den Umweltschutz ist. Aufgrund der Vorteile für die Armen und die Umwelt verlieren die obengenannten Bedenken weitgehend ihre Berechtigung. Es mag kontraintuitiv scheinen, dass eine Umweltsteuer auch die Armen besser stellt und die Umwelt gleich stark oder stärker schützt, als einheitliche pro-Kopf Verschmutzungsbegrenzungen. Bei genauerem Hinsehen ist aber relativ leicht einzusehen, dass die preisliche Regulierung diese Vorteile tatsächlich hat, wie in den nächsten zwei Textteilen erklärt wird. Danach wird auf die eher moralischen Bedenken gegenüber der Bepreisung der Umwelt eingegangen, bevor der Text mit einem Fazit und zwei zusätzlichen Bemerkungen zur optimalen Umweltsteuer schliesst. Um die Argumentation nicht unnötig zu verkomplizieren, wird die Bevölkerung in den folgenden Überlegungen teilweise auf stilisierte Art in zwei Gruppen, arme und reiche, unterteilt. Eine feinere Unterteilung mit Berücksichtigung der verschiedenen Dimensionen, in welchen sich die Individuen und ihre Lebensumstände unterscheiden, würde an der Validität der Schlussfolgerungen nichts ändern, sondern würde die Vorteile der Flexibilität, welche die preisliche Steuerung gegenüber einer fixen Allokation durch den Staat auszeichnet, im Gegenteil noch weiter herausstreichen. Der Text klammert auch die enormen praktischen Vorteile der Umweltsteuer gegenüber einer fixen pro-Kopf Zuteilung aus (die Steuer kann z.B. problemlos zentral auf Erdölprodukte und Energieträger erhoben werden, während die staatliche pro-Kopf Allokation kaum vernünftig durchgesetzt werden könnte, da die verbrauchte Menge für jede Person einzeln erhoben werden müsste).
Für die Umwelt wenigstens so gut
Wird die Umwelt bei einer rein preislichen Regelung nicht weiterhin zu stark verschmutzt, da die Reichen es sich trotz der Steuer leisten können, z.B. mit ihren SUVs Benzin im Übermass zu verbrauchen? Diese Befürchtung ist deshalb unberechtigt, da mit einer genügend hohen Steuer die resultierende Gesamtverschmutzung beliebig stark gesenkt werden kann. Würde bei einer pro-Kopf Zuteilung der Verschmutzungsrechte insgesamt eine bestimmte, gewünschte Gesamtmenge an Verschmutzung resultieren, kann die Steuer auf die Umweltgüter gerade so hoch angesetzt werden, dass die Gesamtverschmutzung auch unter der Steuer dieser gewünschten Gesamtmenge entspricht (wir werden später sehen, dass – da die Steuer geringere gesellschaftliche Kosten verursacht als eine pro-Kopf Beschränkung mit derselben resultierenden Gesamtverschmutzung – die Steuer optimalerweise sogar so hoch angesetzt wird, dass eine noch geringere Gesamtverschmutzung resultiert als bei einer fixen pro-Kopf Regelung). Nun könnte man bedenken, dass aufgrund der hohen Zahlungskraft der Reichen ein sehr hoher Steuersatz notwendig wäre, um die Verschmutzung auf die gewünschte Gesamtmenge zu senken. Damit könne es insbesondere für die ärmeren unerschwinglich werden, auch nur eine angemessene Menge an z.B. Energie zu konsumieren – die Umwelt wäre zwar insgesamt geschützt, aber die Armen würden übermässig darunter leiden (während die Reichen auf Kosten der Armen weiterverschmutzen könnten). Diese Bedenken werden aber durch die kompensierende Rückverteilung der Steuern an die Bevölkerung ausgeräumt, wie im Folgenden erklärt wird.
Wegen Rückverteilung profitieren gerade die Armen von der Steuer
Eine Umweltsteuer beschert dem Staat zusätzliche Einnahmen, die er wieder an die Bevölkerung zurückgeben kann. Am einfachsten kann man sich hierbei eine gleichmässige Rückverteilung an die Bevölkerung vorstellen, wie sie in der Schweiz z.B. seit einiger Zeit bei der CO2-Abgabe auf Brennstoffe praktiziert wird, deren Einnahmen wenigstens teilweise über einen fixen Abzug bei der Krankenkassenrechnung gleichmässig an die Bevölkerung rückverteilt werden (ein weiterer Anteil wird über die Arbeitgeber rückverteilt). Was bedeutet diese Rückverteilung für die Gesamtbelastung für die verschiedenen Bevölkerungsteile durch die Steuer? Erstens bezahlt im Durchschnitt jeder gleich viel Steuern wie er über die Rückverteilung Geld zurückkriegt. Aber insgesamt bekommen diejenigen Personen (oder Haushalte) die unter der Steuer einen unterdurchschnittlichen Umweltverbrauch aufweisen mehr Geld zurückverteilt, als sie über die Umweltsteuer zuerst bezahlen. Für diejenigen mit einem überdurchschnittlich hohen Umweltverbrauch verhält es sich gerade umgekehrt: die Rückverteilung kompensiert sie nicht vollständig für die Belastung durch die Verbrauchssteuer. Am wichtigsten ist aber folgender Punkt: Würde jemand anstatt seinem gewählten Umweltverbrauch genau den Durchschnittsverbrauch wählen, der genau dem Verbrauch im Falle einer pro-Kopf Beschränkung anstatt demjenigen unter der Steuer entspricht, wäre die Steuer für ihn ein Nullsummenspiel: Er würde genau so viel an Umweltabgaben bezahlen, wie er über die Rückverteilung zurückkriegt. Die Güter und Dienstleistungen, die jemand konsumiert, wählt aber jeder selbst, und damit auch die Menge an verursachter Verschmutzung. Wenn nun aber jede Person unter dem Steuersystem sich ohne Netto-Zusatzkosten genau so viel Umweltverschmutzung erlauben kann, wie unter einem System mit fix vorgegebener pro-Kopf Umweltverschmutzung, ist es leicht einzusehen, dass das Steuersystem alle Personen höchstens besser, und niemanden schlechter stellt: wäre jemand mit dem pro-Kopf System am besten dran, könnte er unter dem Steuersystem einfach gerade die gleiche Menge des entsprechenden Umweltgutes konsumieren wie unter der pro-Kopf Regulierung, womit er unter beiden Systemen gleich gut dastehen würde. Jede andere Person könnte unter dem Steuersystem auch die gleiche Menge (wie unter dem pro-Kopf System) wählen, und würde dann unter beiden Systemen gleich gut dastehen. Das Steuersystem erlaubt nun aber zusätzlich jedem, der unter gegebenem (Verschmutzungs-)Preis lieber eine andere Verschmutzungsmenge wählen möchte, von der im pro-Kopf System erlaubten Menge (die unter einem entsprechend gewählten Steuersystem der Durchschnittsverbrauchsmenge entspricht) abweichen, was er natürlich genau dann tun wird, wenn ihm dies einen Zusatznutzen bringt. Wird der Steuersatz so gewählt, dass die Leute, die lieber mehr bezahlen um mehr verschmutzen zu können, insgesamt gerade so viel mehr als die eigentlich gewünschte pro-Kopf Verschmutzung erzeugen, wie diejenigen Leute, die lieber ihre Verschmutzung reduzieren um Geld zu sparen (und somit von der Umweltsteuer netto zu profitieren), mehr einsparen, ist die Umweltbelastung (trotz den individuellen Entscheidungen für mehr oder weniger Verschmutzung) im Aggregat gerade so hoch wie sie auch bei der pro-Kopf Zuteilung wäre.
In der Regel haben Haushalte mit tieferen Einkommen einen kleineren Umweltabdruck, das heisst, aufgrund ihrer beschränkten Kaufkraft verschmutzen sie weniger und verbrauchen weniger Ressourcen. Was bedeutet die Steuer konkret für diese Einkommensklassen? Wie soeben erklärt, könnten sie sowohl unter der Steuer kostenneutral die gleiche Menge verbrauchen, wie unter der pro-Kopf Begrenzung. Da ihr Bedarf aber geringer ist, erlaubt ihnen das Steuersystem, einen Teil der ihnen (im pro-Kopf System) theoretisch zustehenden Verschmutzung indirekt an die Reichen zu „verkaufen“, was dadurch geschieht, dass diese ärmeren und sparsameren Haushalte Steuern sparen indem sie weniger verschmutzen, und somit an der Steuer netto verdienen (wegen der gleichbleibenden pro-Kopf Rückverteilung der Steuereinnahmen). Die einkommensschwächeren Haushalte sind also mit der Steuer besser dran, als unter einer pro-Kopf Begrenzung. Aber auch die Reichen profitieren davon, wenn anstatt einer pro-Kopf Begrenzung eine Umweltsteuer eingeführt wird: Auch sie könnten kostenneutral die gleiche Menge wie unter der pro-Kopf Begrenzung verschmutzen. Dass sie aber aufgrund ihrer (trotz der Steuer) höheren Nachfrage nach Umweltverbrauch freiwillig mehr verschmutzen, zeigt, dass sie lieber z.B. mehr Auto fahren als unter der pro-Kopf Begrenzung, auch wenn sie dafür einen Netto-Aufpreis bezahlen müssen; auch die reicheren profitieren also, wenn anstatt der strikten pro-Kopf Begrenzung eine Steuer eingeführt wird, da ihnen letztere über einen für sie kostengünstigen Aufpreis etwas mehr individuelle Verschmutzung erlaubt.
Erziehung des Menschen: Monetäre Anreize falsches Motiv für Umweltschutz?
Auch wenn man die erläuterten Vorteile der preislichen Regulierung akzeptiert, mag des Weiteren eingewendet werden, dies ändere nichts daran, dass eine Verbrauchsminderung, die von den einzelnen Individuen nur aus monetären Gründen anstatt aus innerer Überzeugung stattfindet, den Kern des eigentlichen Problems, die fehlende intrinsisch motivierte Rücksichtnahme der einzelnen Bürger auf die Umwelt und die Gesellschaft, nicht löse. Im Gegenteil, die falsche Überzeugung, dass man sich, wenn man nur genügend Geld habe, alles – inklusive Umweltverschmutzung – erlauben dürfe, würde nur noch weiter propagiert. Was ist von solchen, über die direkten materiellen Konsequenzen der Umweltregulierung hinausgehenden, Einwänden zu halten? Nebst dem, dass eigentlich nicht wirklich klar ist, weshalb die monetäre Motivation per se ein moralisch minderwertiger Grund für den Umweltschutz sein soll, lassen sich bezüglich diesen Bedenken in erster Linie zwei Dinge sagen:
Erstens spricht das Argument der intrinsischen Motivation nicht für eine Bevorzugung der pro-Kopf Beschränkung gegenüber der Steuer. Denn auch bei einer staatlich durchgesetzten Beschränkung begrenzen die Individuen die Verschmutzung die sie verursachen im Allgemeinen nicht aus intrinsischer Rücksicht auf die anderen, sondern weil sie ihre Menge eben begrenzen müssen, genauso wie sie die Verschmutzung bei der Steuer deshalb reduzieren, weil sie sonst dafür bezahlen müssen. In beiden Situationen steht nicht direkt eine intrinsische Motivation oder Rücksichtnahme auf die Umwelt im Vordergrund, sondern diejenige, ein gegebenes Gesetz einzuhalten, respektive die beim Brechen des Gesetzes drohenden Konsequenzen zu vermeiden.
Zweitens zeigt die Erfahrung, dass es kaum möglich ist, den Menschen soweit umzuerziehen, dass er ohne gesetzliche Regulierungen die (Umwelt-)Interessen der restlichen Gesellschaft vollumfänglich in seine Überlegungen einfliessen lässt. Auch Menschen, die wir als besonders nett bezeichnen würden, gewichten ihre eigene Wohlfahrt wohl meistens stärker als diejenige wildfremder Mitmenschen, anstatt sie eins zu eins zu berücksichtigen. Wäre dem nicht so, würde ein grosser Teil der Bevölkerung nicht nur einen beschränkten, sondern den allergrössten Teil ihrer Einkommen für gute Zwecke – so dass es weder ihnen selbst noch ihren nahestehenden Mitmenschen zugutekommt – einsetzen. Damit die Umwelt aus rein intrinsischer Motivation genügend geschützt werden könnte, wäre es aber nötig, dass alle Individuen die Folgen ihrer eigens verursachten Umweltbelastung auf alle anderen Menschen genau gleich stark gewichten wie ihren eigenen Nutzen. Unabhängig davon, ob ein solcher Zustand wünschenswert wäre, muss diese Idee als völlig utopisch zurückgewiesen werden. Viele (aber nicht alle) Menschen mögen dazu zu bewegen sein, in Situationen mit kleinem Aufwand regelmässig und freiwillig auf die Umwelt Rücksicht zu nehmen, wie z.B. bei der Abfalltrennung im Haushalt. Aber wenn es darum geht, der Umwelt zuliebe trotz fehlender Alternativen nicht mit dem Auto oder mit dem Flugzeug in die Ferien zu reisen, wird das nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung ab und zu, und nur ein noch viel kleinerer Teil der Bevölkerung immer, tun. Ohne strikte Regeln für den Umgang mit der Natur – welche bedeuten, dass die Bevölkerung (und die Unternehmen) die Umwelt deswegen schützen, weil sie direkt dazu angehalten, oder andernfalls zur Kasse gebeten, werden – wird die Umwelt also zweifelsohne übermässig beansprucht; es ist wohl kein Zufall, dass wir für ein funktionierendes Zusammenleben in der modernen Gesellschaft abertausende von Seiten von Gesetzen und Regulierungen eingeführt haben, mit polizeilich durchgesetzten Sanktionen bei regelwidrigen Übervorteilungen dritter. Der Mensch ist in der Regel sicher nicht ein herzloses Wesen, aber darauf zu setzen, dass er sich in einer grossen Gesellschaft, in der er als Individuum weitgehend anonymisiert agieren kann, als vollkommener Altruist verhalte, wäre pure Naivität.
Zusätzlich ist es nicht so, dass man sich analog zum Ablasshandel durch das Entrichten der Umweltsteuer legal, aber auf moralisch fragwürdige Weise, einfach das Recht erkauft, die Gesellschaft durch die Verschmutzung zu schädigen. Denn die entsprechenden Steuereinnahmen kommen nicht irgendeinem Nutzniesser zu Gute, sondern werden an die Bevölkerung zurückverteilt. Bei einer sinnvollen Höhe der Umweltsteuer, durch welche auch die (als Kompromiss) gewünschte Gesamtverschmutzungsmenge resultiert, wird die Gesellschaft durch die zusätzliche Rückverteilung angemessen für den Umweltschaden entschädigt. (Akzeptiert man, dass der gesellschaftlich optimale Umweltschaden nicht bei Null liegt, was auch bei einer Forderung nach einer pro-Kopf Begrenzung höher als Null impliziert würde, muss man auch akzeptieren, dass die Gesellschaft für eine zusätzliche Verschmutzungseinheit monetär entschädigt werden kann, solange die Gesamtverschmutzung nicht extrem hoch ist. Wäre dies nicht so, müsste die Gesellschaft bereit sein, einen beliebig hohen Anteil des Volkseinkommens dafür zu verwenden, den Umweltschaden zu minimieren. Verneint man die Notwendigkeit eines solchen Kompromisses zwischen Umweltschutz und anderen wirtschaftlichen Anliegen, müsste man konsequenterweise ein Verbot jeglicher Umweltverschmutzung fordern.)
Man muss die Befürchtung, dass monetäre Anreize die intrinsische Motivation für Umweltschutz beeinträchtigen könnten, aber auch im marktwirtschaftlichen Gesamtkontext betrachten. Dabei wird klar, dass es unlogisch wäre, den Einwand nur spezifisch bei der Umweltproblematik einzubringen. Denn unser (sozial-)marktwirtschaftliches System beruht ganz generell darauf, dass sich ein Konsument bei seiner Entscheidung, ein Gut oder eine Dienstleistung zu konsumieren oder nicht, in erster Linie davon leiten lassen soll, ob der entstehende Nutzen den Kaufpreis rechtfertigt. Wir überlegen nicht bei jedem Brot, ob der Bäcker dafür wohl früher hat aufstehen müssen, sondern wir gehen generell davon aus, dass der Bäcker einen entsprechenden Preis verlangt, bei welchem für ihn der Erlös sein Frühaufstehen allenfalls rechtfertigt. So verhält es sich in erster Linie auch bei den meisten anderen Produkten die wir konsumieren, wenigstens ist dies eine der Grundideen auf welchen unser marktwirtschaftliches System basiert. Nimmt man den moralischen Einwand gegen die monetären Anreize bezüglich den Umweltschäden ernst, müsste man auch hier einwenden, dass es moralisch besser wäre, die Menschen würden auch dann, wenn alles gratis angeboten wäre, nicht zuviel Brot und andere Waren verbrauchen: Genauso wie auf die Umwelt, sollte ja auch auf den Arbeitsaufwand des Bäckers (und aller anderen in der Produktion direkt und indirekt beteiligten) nur schon aus intrinsischer Motivation genügend Rücksicht genommen werden, anstatt dass aufs Portmonnaie geschaut wird; es gibt keinen Grund, weshalb die rein intrinsisch motivierte Rücksichtnahme bezüglich der Arbeit dritter weniger wichtig sein sollte als bei der Umwelt. Die Tatsache, dass wir meistens kein direktes Problem darin sehen, wenn die Leute im freien Markt seit jeher tagtäglich ihre Arbeit über das Tauschmittel Geld gegen die Arbeit (respektive die daraus produzierten Güter) anderer eintauschen, deutet darauf hin, dass auch bei marktwirtschaftlichen Instrumenten für die Abgeltung von Umweltschäden ausser einem Umgewöhnen kein grösseres Problem auftreten dürfte.
Natürlich ist hierbei zu beachten, dass wir als Konsumenten bei verschiedenen Produkten neben dem Preis noch zusätzliche, moralische Fragen berücksichtigen können und wohl sollen, gerade bezüglich möglichen Umwelt- und sozialen Problemen, die nicht entsprechend in den Kaufpreisen eingerechnet sind (und teilweise eventuell auch kaum auf eine plausible Art preislich ausgedrückt werden können, z.B. wenn Produkte durch gefährliche Kinderarbeit hergestellt werden). Aber das hat nicht direkt etwas mit dem hier besprochenen Problem zu tun, denn hier geht es ja gerade um den Fall, wo ein Umweltschaden über die Steuer im Preis angemessen berücksichtigt werden soll, und wo es genügt, wenn eine entsprechende Steuer die Verschmutzung zu einem gewissen Grad reduziert, ohne sie komplett zu unterbinden.
Fazit
Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich die weitverbreitete Skepsis gegenüber einer Bepreisung der Umwelt als Alternative zu einer fixen pro-Kopf Nutzungsbeschränkung als weitestgehend unbegründet. Die Intuition, dass eine käufliche Umwelt nur die Reichen bevorzuge, moralisch problematisch sei und die Armen benachteilige, dass sie ein Ablasshandel-ähnliches System sei, in welchem sich die oberen auf Kosten der unteren Einkommensschichten und der Umwelt bereichern können, ist falsch; wird die Umwelt über eine Besteuerung geschützt, kann sie effizienter und damit wohl auch stärker (siehe unten) geschützt werden. Nicht zuletzt die ärmeren Schichten profitieren von der Umweltsteuer, weil sie, aufgrund ihres unterdurchschnittlichen absoluten Verbrauches, durch die Rückverteilung der Steuereinnahmen an die Bevölkerung insgesamt mehr Geld zurückbekommen können, als sie für als Umweltabgabe überhaupt entrichten. In der Praxis hätte die preisliche Regulierung zusätzliche Vorteile gegenüber einer pro-Kopf Beschränkung. Da das Augenmerk dieses Textes darauf liegt, zu erklären, weshalb die weitverbreitete Skepsis gegenüber der Fairness und Moralität einer Besteuerung der Umwelt sich in Wahrheit als weitgehend unbegründet entpuppt, werden diese praktischen Vorteile hier zwar weitgehend ausgeklammert, aber sie sind teilweise offensichtlich: So könnte eine Umweltsteuer z.B. auf fossile Brennstoffe zentral beim Import der entsprechenden Güter erhoben werden, während bei einer fixen pro-Kopf Zuteilung für jede Person individuell eine Umweltbilanz erhoben werden müsste. Des Weiteren wäre es kaum möglich den (quasi per Definition des pro-Kopf Systems „illegalen“) Handel mit den pro-Kopf vergebenen Verschmutzungsrechten zu unterbinden.
Zusätzliche Bemerkungen
Um die Diskussion nicht unnötig zu verkomplizieren, wurden bis hier zwei nicht zu vernachlässigende Aspekte der Umweltsteuer ausgeklammert. Sie werden im Folgenden diskutiert. Sie bedeuten beide, dass die Umweltsteuer, im Vergleich zur Alternative der pro-Kopf Beschränkung, noch attraktiver ist, als oben schon erläutert. Der erste Aspekt betrifft die optimale Rückverteilung der Einnahmen aus der Umweltsteuer an die Bevölkerung, der zweite Aspekt die optimale Höhe der Umweltsteuer.
Bisher wurde hier davon ausgegangen, dass Einnahmen aus der Umweltsteuer am besten gleichmässig über die Bevölkerung verteilt zurückgegeben würden. Es ist zwar, wie oben erläutert, richtig, dass ein solches Steuersystem generell für alle Bevölkerungsschichten besser sein kann, als ein auf fixer pro-Kopf Beschränkung basierender Umweltschutz. Aber es ist weitgehend anerkannt, dass es eine noch effizientere Art gibt, die Umwelt zu schützen. Diese entspricht der Idee der ökologischen Steuerreform: Die Einnahmen aus der Umweltsteuer werden dabei nicht mehr direkt pro-Kopf an die Bevölkerung zurückverteilt, sondern sie werden indirekt über eine Senkung der herkömmlichen Steuern, welche vor allem die Arbeit belasten (Einnkommenssteuern, Sozialabgaben…), zurückgegeben: Da der Staat zusätzliche Einnahmen aus der Besteuerung der Umwelt generiert, kann er die herkömmlichen Steuern entsprechend senken, so dass die Gesamteinnahmen des Staates unter dem Strich wieder gleich hoch sind wie vor der Reform. Da die herkömmlichen Steuern auf die Arbeit mit negativen Anreizwirkungen auf dem Arbeitsmarkt verbunden sind (umso höher das Arbeitseinkommen besteuert wird, desto geringer sind die Anreize, tatsächlich zu arbeiten), könnte eine ökologische Steuerreform, welche die Einnahmen aus einer Umweltabgabe über eine Senkung der herkömmlichen Steuern an die Bevölkerung zurückgibt, theoretisch positivere Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt haben, als bei einer einfachen pro-Kopf Rückgabe der Umweltsteuereinnahmen. Bei beiden Rückgabearten könnte die Umweltsteuer aber bessere wirtschaftliche und arbeitsmarktliche Auswirkungen haben als eine fixe pro-Kopf Beschränkung der Emissionen.
Zur optimalen Höhe der Umweltsteuer. Wir sind bisher davon ausgegangen, dass die Umweltsteuer gerade so hoch angesetzt werden kann, dass die totale Schadstoffmenge der im pro-Kopf Beschränkungs-System gewählten Menge entspricht. A priori ist dies aber nicht genau die optimale Steuerhöhe. Geht man davon aus, dass die pro-Kopf Beschränkung sinnvoll gewählt ist, bedeutet dies, dass es sich gerade lohnt, der Umwelt zuliebe die Schadstoffmenge soweit zu begrenzen (und die entsprechenden ökonomischen Schadstoffbegrenzungskosten zu tragen), es sich aber nicht lohnen würde, die Schadstoffmenge noch weiter zu begrenzen, da dann der zusätzliche Nutzen aus der besseren Umweltqualität die wirtschaftlichen Zusatzkosten nicht mehr rechtfertigen würde.
Nun haben wir aber gesehen, dass die wirtschaftlichen Kosten aus der Begrenzung der Schadstoffmenge auf ein bestimmtes Niveau bei einer Umweltsteuer tiefer sind als bei einer pro-Kopf Beschränkung. Dies bedeutet, dass sich die Gesellschaft unter einer Umweltsteuer optimalerweise mehr Umweltschutz leistet als unter einer pro-Kopf Beschränkung, denn die Kosten für zusätzlichen Umweltschutz übersteigen den Umweltnutzen bei einer Umweltsteuer erst ab einem höheren Umweltschutzniveau als bei der pro-Kopf Beschränkung. Somit ist eine sinnvoll ausgestaltete Umweltsteuer nicht nur im engeren Sinne wirtschaftlich attraktiver für die verschiedenen Bevölkerungsschichten, sondern sie hat auch zusätzliche Vorteile für die Umwelt.